Musiker
Landy, wie ist das Leben als Musiker?
Die klassischen Musiker-Klischees, wie Egoismus oder schlechte Struktur und Planung, kannst du als Profi nicht mehr bringen. Ich hab meinen Timetable. Wenn ein Fehler passiert, egal ob es ein Schüler oder der Veranstalter war, dann zahle ich. Bei meinen Fehlern zahle ich sowieso aber ich zahle bei Fehlern der Anderen mit, daher brauche ich ganz klare Strukturen.
Ich gehe zum Gig mit meinem Style – ja, ich hab geduscht, meine Zähne sind in Ordnung.
Ich hab Kollegen, die darf ich nicht anrufen, weil der Veranstalter sagt, der hat so kaputte Zähne. Ich darf keine Kollegen anrufen, die zwischendurch ein kurzes Nickerchen machen, weil es einfach für das Publikum nicht so toll aussieht. Und das ist genau der Punkt.
Also ich hab in der Woche 30 Termine, das sind 120 im Monat, am Jahresende an die 1500. Und ich hab ganze fünf Termin-Clashes im Jahr, das ist nicht mal im Promille-Bereich. Für diese fünf mache ich mir tagelang Vorwürfe, aber dann habe ich auch die Freiheit das zu tun.
Jeden Tag übe ich mindestens anderthalb Stunden, das ist Zuarbeit, sonst bin ich nicht glücklich.
Ich spiele zehn, zwölf Stunden, wenn ich eine Hochzeit hab, von zwei Uhr nachmittags bis Mitternacht oder zwei Uhr nachts. Oft kommt noch eine Anfahrt dazu, dann stelle ich mir einen Wecker, um anderthalb Stunden vorher vor Ort zu sein, zwei Locations für den Gig aufzubauen – Hauptplatz und Nebenplatz. Dann spiele ich bis zwei und um fünf bin ich wieder zuhause und es kann passieren, dass ich am nächsten Tag um sieben wieder aufstehe damit ich um acht am Tierpark bin und bei einer Floßfahrt spiele.
Das ganze um nochmal 300 € Gage zusätzlich zu haben, dann habe ich vielleicht mal an einem Wochenende 900 € mitgebracht. Das klingt jetzt viel, aber das hab ich nicht jede Woche. Und in den letzten zwei Jahren fiel es komplett aus.
Was ist traumhaft am Musikerleben?
Ich bin frei in meinen Entscheidungen. Wie die meisten Musiker bin ich selbstständig und lebe einen Traum den ich mir eigentlich gar nicht zu träumen gewagt habe.
Als Musiker zu leben, das ist eigentlich lange soweit weg, ich werde selten verstanden, es ist schwierig zu kommunizieren, warum ich Musiker bin. Ich will das.
Es kommt so von Innen heraus, es ist kein Wunsch, sondern ein Grundbedürfnis, es ist wie essen bei mir.
Ich bin hier, um zu unterhalten. Wenn Künstler sagen, sie leben nur für ihre Kunst, dann ist das schön, aber ich bin und bleibe Dienstleister, egal ob Oktoberfest oder Punk Rock. Völlig wurscht.
Wenn auf der Bühne eine Magie entsteht und das Publikum befeuert wird, das kann man nicht erzeugen. Just happens. Es passiert niemals, wenn man es will, aber wenn es passiert, dann weiß man es ist da. Das kann man nicht beschreiben.
Hast du gerne eine besondere Rolle in der Gesellschaft oder glaubst du jeder sollte machen wozu er sich berufen fühlt?
Ja das sollte er, oder sie!
Ich hätte es nicht gedacht, aber es gibt unheimlich nette Polizisten und Versicherungsvertreter, die müssen ihren Job genauso ausfüllen. Ich bin kein Kontrollfreak, ich kann kein Polizist sein, weil ich es frei haben will und niemandem Vorschriften machen möchte. Der Polizist muss das machen und wenn er es auf eine menschliche Art und Weise macht, dann ist das super.
Und ich hab eine Begabung, ich hab immer schon gutes Rhythmusgefühl gehabt und ein gutes Gehör und denke, dass mein Geschmack vielleicht nicht unbedingt der schlechteste ist. Aber die Kunst ist, sich dabei dann auch zurückzunehmen und zu sagen: Okay, gut, dann spiele ich halt zwei Stunden Volksmusik. Und wenn ich sie mit Energie spiele, dann kann Musik, die ich eigentlich nicht höre, tierischen Spaß machen.
Immer im Kontext mit Publikum und auch der Band. Wenn die Band nicht funktioniert, d.h. die Leute sich nicht mögen oder kein Vertrauen da ist, dann kann nichts passieren.
Dann kommt die Situation, dass man sagt: Okay, so eine abgefuckte Profiband. In diesem Moment habe ich Projekte immer beendet. Wenn ich gemerkt hab, es geht in die Richtung, wo ich nichts verloren habe, das können vielleicht andere und übernehmen das.
Und ja, ich hab gewisse Freiheiten durch meinen Job. Ich muss nicht die Sicherheitsbestimmungen eines Schreiners beachten, der meinen Bart in einer Schreinerei nicht tragen könnte. Ich könnte nicht am Bankschalter stehen, weil ich tätowiert bin. Zumindest geht das in Deutschland nicht.
Aber wenn man die Chance hat eine Farbe zu sein, eine Inspiration für andere, dann finde ich, hat man sogar auch die Pflicht dazu.
Und ja, ich weiß, ich polarisiere. Auch so jetzt in meinem Outfit. Ich hab bei einem Auftritt auch schon einen Spruch gehört, der hat sich leider eingebrannt: „So jemand wie du wäre bei den Nazis ganz schnell in der Kammer gewesen“. Dem hab ich dann zurückgegeben: „So jemand wie du wäre in Johannesburg in Südafrika sofort nackt“.
Ich hab zunächst eine Lehre bei Schott-Glas in Landshut gemacht. Ich hab nie verstanden, wie die Leute im Büro miteinander agieren. Da ging es oft nicht ehrlich zu, es wurde darum gestritten wer dem Chef einen Kaffee macht. Auf dieses Niveau kann man sich nicht runtersaufen.
Im Zivildienst dann: Ich habe Leute erlebt, die 40 Jahre gearbeitet und eine vierköpfige Familie ernährt haben. Am Ende träumen sie von einer Weltreise und haben vielleicht nur noch eine Chance, bevor sie mit dem weißen Tuch über dem Kopf rausgefahren werden.
Deswegen habe ich diesen Lebensweg gewählt, ohne meine Erlebnisse im Zivildienst hätte ich das nicht gemacht.
Was ist der Sinn des Lebens?
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Wow.. da steckt viel Lebenserfahrung drin. Ich finde dass ist ein grundehrliches tolles Statement das prinzipiell positiv ist. Gefällt mir. Grüß den Landy